…macht Leo keine gute Figur
…macht Vadder ziemlich viel Lärm
…mache ich ein dummes Gesicht
Aber der Reihe nach. Es ist Samstag, der 20. August 2016 und ich habe gerade meinen Kumpel zuhause abgeliefert. Morgen muss ich die roten Nummernschilder für Leo abgeben und es wird Zeit, sich seine Substanz genauer anzuschauen.
Bei Fahrten auf die heimische Hebebühne gab es mal einen Grundsatz: Vadder fährt die Autos auf die Hebebühne und sie wird erst bewegt, wenn er das „go“ gibt. Dies ist eine der wenigen Sicherheitsregeln, die in der heimischen Schrauberwerkstatt gelten.
Vadder fährt Leo vorsichtig in die richtige Position. Dann setzen Tommy und ich die Aufnehmer für die Lastarme der Hebebühne an die richtige Stelle. Als nächstes fährt Leo hoch.
Erwartungsvoll starren Tommy und ich auf das langsam hochfahrende Auto. Als Leo ganz oben angekommen ist, beginnt sofort die Analyse. Schnell wird klar: Tommy und ich haben am Vorabend einiges an Roststellen übersehen. Um aufrichtig zu sein, hätten wir auch nicht alles sehen können, was sich jetzt offenbart.
Bekannt waren uns die Löcher in den beiden Schwellern unter den Türen und die praktisch zerstörte Reserveradmulde. Nun jedoch zeigt Vadder uns mit immer lauter werdender Stimme, was unseren Augen alles entgangen ist:
In beiden Längsträgern klafft jeweils ein sehr fettes Loch. Die Längsträger sorgen dafür, dass das Auto nicht in der Mitte durchbricht. Hier besteht akuter Handlungsbedarf.
Außerdem sind die Innenseiten der hinteren Radkästen sehr stark verrostet. Fraglich bleibt, ob sie nicht schon durchgegammelt sind. Zu diesen Mängeln kommen riesige Roststellen am gesamten Fahrzeugunterboden, den wir vorher nicht betrachten konnten. Hier sollten wir später noch zahlreiche Löcher finden.
Um eine zweifelsfreie Diagnose stellen zu können, greift Vadder zu einem Schraubenzieher und beginnt, auf einzelne verdächtige Stellen einzuklopfen. Mit jedem Klopfer lösen sich weitere große Rostflocken.
Dies geschieht unter mittlerweile sehr ausdauerndem Geschimpfe von Vadder. Wie wir auf die Idee kommen konnten, uns so eine Baustelle zu holen, werden wir gefragt. Und wie wir uns das überhaupt vorgestellt hätten. Unser natürliches Rollenverständnis bricht sich Bahn und wir tun beide, was wir am besten können: Tommy beschwichtigt und erzählt von der Einmaligkeit dieses besonderen Projekts, während ich mit einem langen Gesicht daneben stehe und ein wenig dümmlich auf die Roststellen glotze. Nach wenigen Minuten gibt Tommy das Beschwichtigen auf. Es vergehen noch einige qualvolle Minuten, dann hat sich Vadder beruhigt und ich mich mittlerweile auch gesammelt. Ich wusste, dass es viel Arbeit wird. Ich bin nicht auf ein Auto angewiesen, also scheiß drauf.
Um Vadders vorläufiges Urteil bestätigen oder widerlegen zu können, kommt Abends ein befreundeter KFZ-Mechaniker dazu. Tommy und ich wissen schon vorher, dass wir eine Menge Spott wegen der Wahl unseres Fahrzeuges und seines Zustandes würden ertragen müssen.
Er fährt allerdings selbst einen VW-Golf, deswegen sind Tommy und ich uns sicher, dass aus ihm der pure Neid spricht. Es vergeht eine unangenehme Viertelstunde mit dem erwarteten Spott und dann habe ich eine ausführliche und eindrucksvolle Liste der zu erledigenden Metallarbeiten. So müssen folgende Dinge zwingend geschweißt werden:
-Beide Längsträger auf Höhe der Hinterachse
-Beide Schweller auf ungefähr halber Länge
-Die Reserveradmulde
-Ein Kotflügel
-Diverse Bleche am gesamten Auto
Daneben müssen der gesamte Fahrzeugunterboden, sämtliche Hitzeschutzbleche, der Tank und die Hinterachse abgeschliffen werden. Tank und Hinterachse müssen für diesen Zweck ausgebaut werden. Das würde meine erste Aufgabe werden. Ein wenig habe ich das Gefühl, als wäre mir ein Stein in den Magen gefallen. Nach einigen wirklich ernst gemeinten aufmunternden Worten von Tommy habe auch ich mich schnell wieder gefasst.
Es wird also ein wenig länger dauern, als vorher geplant. Letztendlich ist das halb so wild. Am Abend ist sogar Vadder aufmunternd aufgelegt. „So viele Metallarbeiten sind das gar nicht. Dann noch die richtigen Scheinwerfer einbauen und er ist so gut wie fertig.“
Ich blicke nach vorn und freue mich schon auf die Herausforderungen..