Projekt

Fernseher, Bremsflüssigkeit und Scheinwerfer

Ein ganz langer Artikel über Missgeschicke und Hürden auf dem Weg zum TÜV – Viel Spaß!

Der September war mit schnellen Schritten ins Land gezogen und hatte Regen im Gepäck. Umso glücklicher sind Tommy, Vadder und ich, dass Leo einen – weitgehend – trockenen Unterstellplatz hat. Manchmal klappt eben auch etwas, wenn man motiviert ist.

Die Motivation äußert sich so: Jeden Freitagmittag fliehe ich gegen 13 Uhr aus dem Büro, komme nach Hause, schnappe mir meine am Vorabend gepackte Tasche und fahre mit meinem treuen BMW die 60 Kilometer zu meinen Eltern und Leo. Und dann wird bis Sonntagabend gewühlt und gewerkelt. So wie an diesem Septemberwochenende.

Es gibt spannende Neuigkeiten und diese drehen sich um ein entscheidendes Thema. Dementsprechend angespannt ist die Stimmung in unserer Schrauberzentrale (Tommys Büro). Es geht um die Frage „Wie bekommen wir Leo eigentlich zugelassen?“ Die ist von größter Bedeutung, schließlich können wir Leo nicht einfach so ohne Zulassung und TÜV-Zertifikat bewegen, naja also wir könnten schon, aber die Konfrontation mit dem Gesetz wäre unausweichlich und dafür bin ich zu brav und obrigkeitshörig.

Wie schon einmal erwähnt, können wir Leo nur zulassen, wenn wir einen Fahrzeugbrief besitzen. Den haben wir nicht. Da noch nie ein Nissan F31 in Deutschland zugelassen war, gibt es auch keine Datenblätter und das Fahrzeug muss praktisch komplett frisch zugelassen und abgenommen werden. Wie genau das abläuft, weiß ich zu diesem Zeitpunkt auch nicht so recht. In der üppigen Bordmappe, die Andy uns seinerzeit gegeben hatte, ist auf jeden Fall ein Importpapier in der EU dabei gewesen. Das reicht wohl vorerst als notdürftiger Beweis dafür, dass wir uns das Auto nicht komplett selbst ausgedacht und es dann „Nissan Leopard“ genannt haben. Bevor wird aber so weit kommen, müssen erst noch andere Dinge an Leo geregelt werden, damit der TÜV keine Sicherheitsbedenken hat. Dieses vielschichtige Thema wird ein Dauerbrenner in den kommenden Monaten. Und der ersten Schicht widme ich mich jetzt:

Scheinwerfer

Da Leo auf japanischen Linksverkehr eingerichtet ist, zeigen die Scheinwerfer in eine ganz andere Richtung, als bei „normalen“ Autos. Bei neueren Autos reichen meistens ein Knopfdruck oder ein gezielter Handgriff mit dem Schraubenzieher, um das Licht korrekt auszurichten, bei Leo jedoch ist der gesamte Scheinwerfer inklusive Brechungsglas komplett auf Linksverkehr ausgerichtet. Und das ist ein Problem, denn normalerweise beleuchtet das Abblendlicht einen großen Teil der Straße und den rechts davon liegenden Rand. Da bei dem Linksverkehr alles gespiegelt ist, kriegen entgegenkommende Verkehrsteilnehmer mit der aktuellen Einstellung von Leo mein Licht voll in die Fresse. Das ist eher suboptimal und eine Gefahr für alle Beteiligten. Glücklicherweise – dachten wir – hat Andy uns eine Trumpfkarte mitgegeben: Scheinwerfer vom Infinity M30. Infinity ist eine Schwestermarke von Nissan und hat seinerzeit einen Ableger des Leopard in den USA produziert – allerdings mit schwächrer Motorisierung als in Japan. In den USA müssen die Scheinwerfer natürlich nach rechts leuchten, genau wie in Deutschland.

Leos schwachbrüstiger Yankeebruder – Von IFCAR / Wikipedia

Und so geschieht es, dass Tommy, Vadder und ich im September in der Werkstatt stehen und versuchen, die Scheinwerfer auszutauschen. Voller Optimismus stehe ich also vor dem Auto und bin damit beschäftigt, die Scheinwerfermodule auszubauen.

Dabei muss jedoch nicht nur der Frontscheinwerfer entfernt werden sondern auch der Kühlergrill dazwischen muss raus. Dieser ist nämlich mit beiden Scheinwerfern verbunden. Außerdem befinden sich an der Seite des Fahrzeuges noch Module, in denen sich jeweils ein weißes Licht und ein Seitenblinker befinden. Sie gehen nahtlos in die eigentlichen Scheinwerfer über.

Die Frontlichter bestehen aus zwei Modulen

Das weiße Licht in diesen Seitenteilen ist übrigens eine Art Urgroßvater des adaptiven Kurvenlichts: Es geht nämlich an, wenn man den Blinker betätigt. Finde ich persönlich ja ziemlich tuffig.

Überhaupt sind in Leo gefühlt doppelt so viele Glühbirnen verbaut, wie bei jedem Auto, das ich bisher gesehen habe.

Eine bunte Mischung an Rücklichtern. Bei dem breiten Ars..ähm Heck braucht man auch so viele!

Nachdem ich die alten Lampen und alles was da so dran hing ausgebaut habe, nehmen Tommy und ich die Infinity M30-Lampen zur Hand und stellen fest, dass wir uns zu früh gefreut haben. Nicht nur, dass die Kabel und eingebauten Fassungen der Lampen überhaupt nicht zu dem Kabelbaum von Leo passen – der ja eigentlich identisch sein müsste – nein zusätzlich passen die Lampen auch von der Form her absolut nicht in die Front des Fahrzeuges. Sie stehen gute 3 Zentimeter über. Dann fällt uns noch auf, dass die Halter, in denen die Lampen verbaut sind, irgendwie aussehen, als hätte sie jemand mit Epoxidharz, Holzleim und Zeitungspapier selbst gebastelt.

Könnte sogar ich gebastelt haben – angebliche Scheinwerfer vom M30

Meine Mundwinkel wandern langsam nach unten. Tommy hat einen Verdacht und noch während er ihn ausspricht, taucht auch Vadder in der Werkstatt auf.

Scheiße, passt nicht

„Ich glaub, das sind Scheinwerfer von der S14-Silvia“. Ihr fragt euch jetzt, wer Silvia ist? Silvia ist ein schönes Fabrikat aus dem Hause Nissan und stand schon mehrfach in meiner engeren Wahl, bevor ich mich für Leo entschied. Silvia ist zwar schön und gut, ihre Scheinwerfer sind aber alles andere als passend in Leo, so zumindest meine Meinung. Tommy – von Tatendrang aufgepeitscht – sieht sich schon auf halbem Weg zur Flex, um die Karosserie entsprechend anzupassen. Der frisch dazugetretene Vadder unterstützt jedoch meine Meinung. Schnell werden andere Ideen auf den Tisch gebracht und verworfen. Man könne ja die Originalscheinwerfer nehmen und die Brechungsgläser von Silvia dort aufsetzen…nein geht nicht. Die Lichter sind komplett auf links ausgerichtet, keine Chance. Außerdem benötigen wir für eine Zulassung das „E“-Prüfzeichen. Es handelt sich dabei um ein „E“, das deutlich auf dem Glas sichtbar ist. Tommy redet schon davon, ein Förmchen zu basteln, um dieses Zeichen „nachzustellen“. Vadder steht daneben und schüttelt den Kopf. Die Diskussion wird hitziger und verwandelt sich in einen kurzen Streit. Doch noch bevor die Fetzen fliegen, entscheiden wir, dass die Problemlösung vertagt wird und Tommy und ich widmen uns einer anderen spannenden Aufgabe:

Der Fernseher

Man mag es kaum glauben, das Fahrzeug wurde 1989 gebaut und besitzt einen kleinen Röhrenfernseher, sowie einen 10fach CD-Wechsler. Diese Features runden ein von JBL-Boxen getragenes Multimediasystem ab. An anderer Stelle erwähnte ich ja schon, dass die Elektronik ein wenig eigensinnig ist und Leo Batterien frisst. Einen ähnlichen Heißhunger empfindet der Fernseher bei 12v-Sicherungen. Ein Glück, dass wir mit Tommy einen fachkundigen, gelernten Radiofernsehtechniker haben. Er ist gewissermaßen wie Leo das letzte Einhorn, denn er war der letzte Jahrgang, der als Radiofernsehtechniker ausgebildet wurde. Danach wurde der Beruf zum Kommunikationselektroniker umgewidmet.

Das imposante Multimedia-Kontrollzentrum

Und so stehen Tommy und ich gemeinsam dort mit dem Fernseher in der Hand und wir öffnen vorsichtig das Gehäuse. Mein Bruder wirft einen geübten Blick auf die Platinen, Transistoren und die Bildröhre. Ich bin sehr gespannt auf seine fachkundige Meinung. Er lässt sich Zeit mit seinem unfehlbaren Urteil und sagt dann, „Hmm joa, weiß ich jetzt auch nicht…“

Mir fällt sofort wieder ein, warum dieser Beruf ausgestorben ist. Tatsächlich gibt es nur noch ein Paar handvoll Radiofernsehtechniker, die heute noch als solche arbeiten, was bei der technischen Entwicklung auch nur folgerichtig und konsequent ist. Denn immer weniger Dinge an einem Fernseher lassen sich heute wirklich noch wirtschaftlich reparieren. Tommy verspricht jedoch, den Fernseher an einen solchen Experten weiterzugeben.

Der Fachmann wirft einen Blick auf das Innenleben

Die Liste der ungelösten und vertagten Probleme wird länger und das ärgert mich. Also lautet mein Plan für das restliche Wochenende: Schleifen. Wie ich bereits unter Beweis gestellt hatte, ist das eine Tätigkeit, die ich beherrsche.

Bremsflüssigkeit

Und so schnappe ich mir also wieder die Ausrüstung, die ich zum Schleifen trage. Im Gegensatz zum letzten Mal ist sie um eine Mütze erweitert worden. Dies hat neben einem Wärmevorteil den praktischen Zweck, dass mir nicht dauernd Bitumenbrocken in die Haare fliegen. Die sind nämlich nicht nur hartnäckig, nein sie fallen auch grundsätzlich am Mittwochmorgen noch nach einem Schrauberwochenende in irgendeiner Besprechung aus meinen Haaren und werden von meinen Kolleginnen sicher gern auch als Läuse interpretiert. Das war suboptimal.

Apropos suboptimal. Nachdem ich in den vergangenen Wochen bereits die am besten erreichbaren Stellen des Fahrzeugunterbodens abgeschliffen hatte, sollen heute die nicht so gut erreichbaren Stellen bearbeitet werden.

Zu den nicht so gut erreichbaren Stellen gehört beispielsweise ein langes Stück neben dem rechten Längsträger. An dieser Stelle laufen nämlich von vorn bis hinten 4 metallene Leitungen nebeneinander. Dabei handelt es sich um je 2 Kraftstoff- und 2 Treibstoffleitungen. Bei alten Autos gammeln diese sehr gern durch und man merkt es erst, wenn entweder der Motor ausgeht oder eine Leuchte im Cockpit auf fehlenden Bremsdruck hinweist.

Um nun an das Stück Fahrzeugunterboden zu kommen, das unter diesen Leitungen liegt, schraube ich zahllose Halter ab und lege sie beiseite. Schon jetzt weiß ich, dass maximal die Hälfte dieser Halter danach wieder an ihren vorgesehenen Platz zurückkehren wird; verdammt sei meine Nachlässigkeit. Während ich da so herumhantiere, geben Vadder und Tommy mir noch einige Ratschläge. So kann ich die Leitungen grundsätzlich ein Stück vom Fahrzeugboden wegbieden, um diesen mit der Flex zu erreichen. Um den Abstand zu halten, soll ich einfach einige Kanthölzer in die Lücke stecken und darauf achten, dass ich die Leitungen nicht knicke…. das können die nämlich nicht so gut ab. Gesagt, getan.

Wenn man keine Lust hat, die Bremsleitungen auszubauen, greift man zum Kantholz

Und so schleife ich mich in den nächsten 15 Minuten fröhlich von vorn nach hinten an diesen Problemzonen lang. Bisher klappt alles gut und das erste Erfolgserlebnis dieses Wochenende sorgt für ein gutes Gefühl bei mir. Weitere 15 Minuten später ändert sich das, als mir etwas in die Mütze tropft. Es folgt dieser Moment, in dem man nicht fassen kann, was gerade passiert ist: Ich habe eine Leitung geschossen! Irgendeine Schwachstelle der alten Leitungen konnte den leichten Biegungen nicht mehr standhalten und ist gebrochen. Da das, was da raustropft gelb ist und wie Sonnenblumenöl aussieht, ist mir auch ziemlich schnell klar, dass es sich hier nur um Bremsflüssigkeit handeln kann. Die Geschmacksprobe bestätigt das. Kraftstoff schmeckt anders…

Sofort entfaltet sich ein alter Kindheitsreflex, wenn ich nicht mehr weiter weiß. Ich schreie laut „Paaaaapa! Hiiilfe!“ Wenige Sekunden später steht Vadder neben mir mit einem Fuß in der mittlerweile recht ansehnlichen Bremsflüssigkeitsfütze. Er fragt mich „Was?“.. Wortlos zeige ich auf die beschädigte Bremsleitung und die Pfütze unter seinen Füßen. Er nickt, sammelt sich kurz und sagt „Ja, das kann halt mal passieren.“ Ein Donnerwetter bleibt aus. Wie um sein Argument zu untermauern, klopft er mit den Handknöcheln auf die Leitung.

Da er gerade sehr beschäftigt ist, überlässt er die Problemlösung jedoch mir. Dass ich das Leck abdichten muss, um nicht den ganzen Hof vollzusauen, versteht sich von selbst. Schließlich wird Leo bewegt und jede Betätigung des Bremspedals würde die Flüssigkeit in Form einer Fontäne aus der Leitung schießen lassen. Es wirkt nämlich großer Druck auf das Bremssystem, damit die Bremsen überhaupt funktionieren.

Mein erster Versuch ist genau so erbärmlich, wie ich mich fühle: Ich wickle Isolierband um die Bruchstelle und versuche, die Enden mit Kabelbinder zu fixieren. Isolierband hat sowieso schon eine Klebewirkung gen Null, in Verbindung mit Bremsflüssigkeit allerdings ist es so, als würde ich einfach einen ganz normalen Streifen Plastik um die Leitung wickeln.

Der Versuch einer Abdichtung – Isolierband war keine gute Idee

Mein zweiter Versuch ist schon etwas besser. Dieses mal muss eine alte Plastiktüte dran glauben. Gemeinsam mit noch mehr Kabelbindern kann ich sogar eine gewisse Abdichtung erzeugen.

Irgendwie auch nicht besser..

Eine Probefahrt später begrüßt mich im Display eine neue Warnleuchte „Bremssystem defekt“. Das Auto abgestellt und einen Blick drunter geworfen, wird schnell klar: Die Tüte ist nach wenigen Metern geplatzt und die goldgelbe Spur hinter mir macht deutlich, dass ich ziemlich viel Bremsflüssigkeit verloren habe. Also zurück zur Werkstatt, dieses Mal unter Zuhilfenahme der Handbremse – die glücklicherweise ohne Flüssigkeit auskommt und altmodisch per Bowdenzug funktioniert.

Mittlerweile hat Vadder zum Glück Zeit für mich und sieht sich das Malheur kurz an. Dann entscheidet er, dass ich vorübergehend ohne die Hinterradbremsen auskommen muss – zu diesen beiden führte die beschädigte Leitung nämlich. Einen Handgriff mit der Zange später ist die Leitung dicht und damit auch ohne Flüssigkeitsverlust.

Alles in allem waren das wenig erfolgreiche Tage. Und um die Spannung aufzubauen, hier noch ein Paar Fragen, die ich vielleicht bald beantworte.

-Werde ich jemals ordentlich mit Werkzeugen umgehen können?
-Werden wir Leos Löcher jemals stopfen können?
-Werden wir ordentliche Lampen für das Auto finden?
-Werde ich mehr Farbe auf den Unterboden, als auf mich selbst auftragen?
-Werden wir die Hinterachse ausbauen, ohne dass ich mir einen Arm breche?

 

 

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